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"Diese VS-Immobilien sind gefragt"

Was sind die aktuellen Wohn-Trends in der Doppelstadt und ihren Ortsteilen? Welche Objekte und Standorte sind besonders gefragt? Die Antworten darauf geben zwei Immobilienexperten

Villingen-Schwenningen–Der Wunsch nach einer eigenen Immobilie ist in Menschen seit Generationen verankert. „Auch heute ist das noch so“, ist sich Immobilienmakler Manfred Nirwing sicher. Doch es muss nicht immer das klassische Einfamilienhaus mit Garten sein. Die Wünsche und Vorlieben der Kunden sind heute viel differenzierter. Auch eine Anpassung an veränderte Lebensumstände ist zu beobachten, etwa durch Corona oder den demografischen Wandel.

VS ist ein beliebtes Pflaster

Warum die Doppelstadt allgemein ein beliebtes Pflaster ist, erklärt Nirwing mit einem guten Gesamtangebot der Stadt. „Industrie und Gewerbe haben Magnetwirkung und ziehen Wohnen an“, so der erfahrene Makler. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und behauptet: „Es gibt heute eigentlich keine unbeliebten Gegenden in Villingen-Schwenningen mehr.“ Beispielhaft nennt er das Wohngebiet Schilterhäusle, welches nach Inbetriebnahme des neuen Klinikums einen regelrechten Boom erlebt habe und mittlerweile in der Beliebtheitsskala weit nach oben geklettert sei. Einen Trend hin zur Stadt oder hin zum Land kann Ronny Bloß, Leiter der Immobilienvermittlung der Sparkasse Schwarzwald-Baar, nicht erkennen. „Eigentum ist überall gefragt“, sagt er. Und trotz dieser ausgeglichenen Nachfrage über alle Immobilien-Kategorien hinweg sind doch einige Trends erkennbar.

Große Wohnungen sind Mangelware

Nach wie vor sehr beliebt seien Immobilien nahe der Innenstadt, in der Südstadt, am Warenberg, im Kurgebiet oder neu im Wohngebiet Schilterhäusle. Einen weiteren Trend verrät Bloß: „Besonders gefragt sind derzeit Einfamilienhäuser und größere Eigentumswohnungen zur Eigennutzung.“ Kleinere Wohnungen würden häufig als Kapitalanlage gesucht. Allen, die nicht lange suchen und warten möchten, rät er: „Gute Chancen hat man derzeit bei der Immobiliensuche im Bereich ‚Neubau’ durch Bauträger.“

Ähnlich bewertet Nirwing die Situation. Er berichtet von zahlreichen jungen Gutverdienern. „Die suchen häufig stadtnahe und geräumige Wohnungen mit vier bis fünf Zimmern.“ Mit so einer Wohnung würden sich diese Kunden alle Optionen offen halten, etwa eine spätere Familiengründung. Auch als Alterssicherung und zur Vermietung können die Wohnungen später dienen, wenn die Eigennutzung durch sich rasch ändernde Lebenssituationen und Berufswege plötzlich wegfalle. „Und viele wollen mehr Platz, um beispielsweise noch ein Büro einzurichten, um von zu Hause arbeiten zu können“, ist sich Nirwing sicher.

Neu und gebraucht

Aber auch die Klassiker, ein Bauplatz oder ein Einfamilienneubau, stehen weiter hoch im Kurs. „Die Nachfrage nach Bauplätzen für Einfamilienhäuser übersteigt das derzeit vorhandene Angebot“, erzählt Bloß. Weil die Baukosten durch steigende Rohstoffpreise und stetig verschärfte Baustandards steigen, rückt bei vielen Interessenten der Gebrauchtmarkt in den Fokus. „Hier beobachten wir eine rege Nach
frage“, sagt Nirwing. In diesem Bereich sieht er auch für viele Hauseigentümer eine große Chance. Fällt die Eigennutzung irgendwann weg, lohne es sich, vor einem Verkauf auch über eine Umnutzung nachzudenken. Als Beispiel nennt er eine Wirtschaft im Kreisgebiet, die erst kürzlich zu einem Mietshaus umgebaut wurde.

Generationenwechsel

Ein weiterer genereller Trend ist der Generationenwechsel. „Ältere Menschen zieht es zurück in die Stadtzentren“, stellt Nirwing fest. Gesucht seien altersgerechte Eigentumswohnungen mit zwei bis drei Zimmern, quasi im Tausch mit ihrem Haus oder der Villa. Wichtig bei solchen Wechseln sei, dass Menschen dabei ihren gewohnten Standard halten. „Die Leute wollen sorgen frei leben.“

Jüngere Familien würde es dagegen auch gerne in ländlichere Gebiete ziehen, wo genügend Platz für die eigene Familie eher bezahlbar sei. Die Nähe zum Arbeitsplatz verliert durch Digitalisierung und Homeoffice weiter an Bedeutung. Pendler und Grenzgänger seien oft bereit, auch weitere Fahrten auf sich zu nehmen. Land sei aber nicht gleich Land, auch da ist sich Nirwing sicher. „Nur die wenigsten wollen nur schlafen.“ Die Bereiche Wohnen und Leben gewinnen an Bedeutung. Kleine Ortsteile müssen also über eine gewisse Grundstruktur verfügen, wie zum Beispiel Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie oder ein aktives Vereinsleben.

Bauboom in VS

In Villingen-Schwenningen werden seit einigen Jahren viele neue Wohnungen gebaut und alte Gebäude saniert. Doch reicht dieser Bauboom, um die Nachfrage zu decken? Oder werden bald Wohnungen wegen Überangebot leer stehen? Dazu sagt Nirwing: „Der Bedarf ist da und dieser ist momentan auch noch nicht gedeckt.“ Grundsätzlich steht er dem Bauboom positiv gegenüber, er sagt aber auch, dass man sequentieller denken müsse. Einen Engpass sieht er zum Beispiel wie oben erwähnt bei großen Wohnungen. Auch müsse man zukünftige Bedürfnisse bei der Planung neuer Wohnungen stärker berücksichtigen. „Das Thema Zeitwohnen wird immer wichtiger“, erklärt Nirwing, und denkt dabei an Sportler oder Studenten. Kaum berücksichtigt sieht er auch das Thema der klassischen Baugebiete für Einzelhäuser mit Grundstück. „Da fällt mir aktuell nur Strangen ein.“

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